Der spanische Anarchismus

 

Die Soziale Revolution - ein Erfolg?
Der Versuch einer Bewertung der damaligen Revolution in Spanien fand lange Zeit nicht statt. Dies hatte eine Vielzahl von Gründen. Während des Bürgerkrieges waren es vor allem strenge Zensurmaßnahmen der Kommunisten, denen es in der republikanischen Regierung in Madrid gelang die Berichtserstattung in das Ausland zu kontrollieren, die ein Bekanntwerden des "sozialen Experiments" unter ausländischen Journalisten verhinderten. Nach 1939 lies das franquistische Regime keine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema zu (Berneker, 1977: 19 ff.). Bereits 1939 beklagt Korsch die "Verschwörung des Schweigens und der Entstellung [...], die den wirklich revolutionären Aspekt der jüngsten spanischen Ereignisse fast völlig ausgelöscht hat (Korsch, 1969: 118, 119). Erst nach Francos Tod wurden die Archive allmählich zugänglich gemacht.
Mittlerweile gibt es einige Untersuchungen, die versuchen herauzufinden, ob die Umsetzung der Anarchie als Organisationsprinzip im Spanischen Bürgerkrieg wirtschaftlich erfolgreich war oder nicht (insbesondere Bernecker, 1978 und 1979). Schlußfolgerungen können in allen Fällen nur mit erheblichen Vorbehalten formuliert werden; zuviele restriktive Rahmenbedingungen und Sachzwänge, wie der Krieg, internationaler Boykott, die Heterogenität der zahlreichen verschiedenen Organisationsformen erlauben kaum aussagekräftige Ergebnisse.
In einem herrscht allerdings Einigkeit: Nur wenige der damaligen Kollektive und kollektivierten Betriebe können als kompletter Mißerfolg angesehen werden. Statistiken zeigen einen leichten Rückgang diverser Produktionsindizes, in der Landwirtschaft allerdings eine Outputsteigerung um fast 50% (Bernecker, 1978: 131 ff., 210). Da es den Anarchisten allerdings weniger darauf ankam, Produktionstechniken zu optimieren, sondern dem Menschen geeignete institutionelle Rahmenbedingungen zu schaffen, wird man mit einer rein ökonomischen Berachtung, die zudem noch durch zahlreiche externe Zwänge verfälscht wird, den Anarchisten ohnehin nicht gerecht. Bernecker verlangt hier eine Quality-of-Life Forschung und sieht hier in den Fragen der Solidarität in Form freiwilliger Leistungen und Spenden, der Eigenverantwortung und -initiative und der Vielfalt spontan entstandener Organisationsformen zahlreiche positive Seiten des spanischen Anarchismus (Bernecker, 1978; 1979: 302 ff.).
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